Hyperbare Sauerstofftherapie ist Kassenleistung und kann Amputationen vermeiden
Der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) hat zum 1. Juli 2018 die Hyperbare Sauerstofftherapie (HBO) in den Leistungskatalog der Gesetzlichen Krankenkassen aufgenommen. Damit erhalten Versicherte, die an einem „Diabetischen Fußsyndrom“ leiden, eine wirkungsvolle Therapieoption zusätzlich zur bisherigen Wundtherapie.
In Deutschland werden jährlich zwischen 39.000 und 60.000 Amputationen bei Diabetikern mit einem Fußsyndrom durchgeführt – Tendenz steigend. Dies steht im deutlichen Gegensatz zu vielen europäischen Ländern, in denen schon seit Jahren die HBO zur Anwendung kommt. Fatal ist, dass es mit jeder Amputation zu einer neuen, größeren Wunde kommt, die dann häufig auch nicht heilt.
Die Hyperbare Sauerstofftherapie, (HBO für „Hyperbare Oxygenation“), ist eine weltweit in vielen medizinischen Fachdisziplinen angewandte Therapiemethode. Ziel der HBO ist es, unterversorgte Gewebe (z.B. in Wunden) wieder ausreichend mit Sauerstoff zu versorgen. Dies geschieht in einer medizinischen Druckkammer unter Aufsicht eines Arztes mit speziell ausgebildetem Fachpersonal. Während der Behandlung herrscht in der Kammer ein definierter Überdruck, unter dem die Patientinnen und Patienten über Masken medizinischen Sauerstoff einatmen. Der Überdruck bewirkt, dass der Sauerstoff sich im Blut physikalisch löst. Dadurch wird die Diffusionsstrecke bzw. Eindringtiefe des Sauerstoffs vervielfacht. Der Sauerstoff erreicht Körperzellen, die vorher nicht ausreichend versorgt wurden.
Die zu behandelnde Person sitzt in bequemen Sitzen oder kann, falls nötig, auch liegen. In der Druckkammer befindet sich Raumluft, so dass die Maske jederzeit abgenommen werden kann. Im Bedarfsfall ist ein Ausschleusen von Patientinnen und Patienten und Personal jederzeit gewährleistet. Eine videounterstützte Kommunikationsanlage ermöglicht den ständigen Kontakt nach außen. Alle Druckkammern sind mit medizintechnischen Überwachungssystemen ausgestattet.
Eine HBO-Therapie umfasst bei Problemwunden in der Regel bis zu 40 Anwendungen. Behandlungsdauer und Anzahl der Therapie-Sitzungen sind dabei abhängig vom jeweiligen Krankheitsbild und Behandlungsverlauf. Die ambulante HBO ist - im Fall des diabetischen Fußsyndroms - eine kassenärztliche Vertragsleistung.
Hintergrundinformationen DFS:
Die Ätiologie des diabetischen Fußes wird seit Jahrzehnten kontrovers diskutiert, da sich der Diabetes mellitus und seine Folgeerkrankungen nicht einheitlich darstellen. Erst aus dem komplexen Zusammenwirken einer Reihe hier meist exzessiv versammelter verschiedener Faktoren gestalten sich die Bedingungen, die dann häufig in die Manifestation des diabetischen Fußes münden. Diabetiker sind häufig adipös, bieten oft die Zeichen der Hypertonie sowie der Hyperlipoproteinämie; sie leiden neben der Mikroangiopathie vier- bis fünfmal so oft an einer arteriellen Verschlusskrankheit (AVK) wie Nichtdiabetiker. Je länger der Diabetes besteht, um so ausgeprägter ist in der Regel die AVK; nahezu 80 % der Diabetiker versterben an einem Gefäßleiden. Jede zweite Amputation aus nicht traumatischer Ursache betrifft Diabetiker, nach einschlägigen Erhebungen ist in Deutschland pro Jahr von 39.000 Amputationen auf diabetischer Grundlage auszugehen, im Jahr 1996 waren es nur 28.000!
Quer durch alle Altersgruppen wird eine Amputation etwa fünfzehn ‑bis fünfunddreißigmal häufiger durchgeführt als beim Stoffwechselgesunden; hierbei sind der Oberschenkel in 23,5 %, der Unterschenkel in 32,6 % und der Fuß in 43,9 % aller Fälle betroffen. Die Fünfjahres‑ Überlebensrate nach Beinamputation von Diabetikern liegt bei nur 40 bis 64 %. Ob die hohen Amputationsraten in dieser Form tatsächlich begründet sind, kann bezweifelt werden. Kritisch wird in der Literatur darauf hingewiesen, dass gerade bei Diabetikern besonders häufig Amputationen ohne zwingende medizinische Erforderlichkeit durchgeführt werden.
Der Verband Deutscher Druckkammerzentren e.V. Münster ist der Berufsverband der Druckkammerzentren in Deutschland. Er setzt sich für die Zulassung weiterer Indikationen wie dem Tauchunfall ein. Zudem hat er ein umfassendes Qualitätssicherungssystem entwickelt und die Ausbildungsrichtlinien zusammen mit der wissenschaftlichen Fachgesellschaft GTÜM e.V. entwickelt.